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Der Gender Pay Gap, also die geschlechtsspezifische Lohnlücke, ist ein Phänomen, das in vielen Ländern, einschliesslich der Schweiz, nach wie vor eine Herausforderung darstellt. Insbesondere im Gesundheitswesen sind die Auswirkungen des Gender Pay Gaps besonders spürbar. Dieser Artikel wirft einen genaueren Blick auf die Situation in der Schweiz und analysiert Faktoren, die zu dieser ungleichen Bezahlung zwischen den Geschlechtern im Gesundheitswesen führen. Darüber hinaus werden mögliche Lösungsansätze beleuchtet, um eine faire Entlohnung für alle Beschäftigten in dieser wichtigen Branche zu erreichen.
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Was ist der Gender Pay Gap?
Der Gender Pay Gap, auch als geschlechtsspezifische Lohnlücke bekannt, bezeichnet die Differenz in der durchschnittlichen Bezahlung zwischen männlichen und weiblichen Beschäftigten. Er misst die Ungleichheit der Löhne basierend auf dem Geschlecht und zeigt auf, dass Frauen im Durchschnitt für die gleiche oder ähnliche Arbeit weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen.
Diese Lücke macht sich in verschiedenen Aspekten bemerkbar. Lohnunterschiede für gleiche oder ähnliche Arbeit sind dabei der häufigste. Frauen erhalten oft eine geringere Entlohnung als Männer, obwohl sie ähnliche Aufgaben und Verantwortlichkeiten wahrnehmen. Dies kann in bestimmten Branchen oder Berufsfeldern besonders deutlich werden, vor allem im Gesundheitswesen. Frauen sind ausserdem seltener in höheren Positionen vertreten als Männer. Dadurch haben sie oft weniger Zugang zu gut bezahlten Führungspositionen und Karrierechancen, was sich negativ auf ihre Verdienstmöglichkeiten auswirkt.
Gender Pay Gap im Gesundheitswesen
Der Gender Pay Gap im Gesundheitswesen hat vielfältige Gründe. Historisch gesehen waren bestimmte Berufe im Gesundheitswesen, wie zum Beispiel Pflege und Hebammenarbeit, überwiegend von Frauen besetzt. Diese traditionell weiblichen Berufe wurden oft als „weniger wertvoll“ angesehen und entsprechend niedriger vergütet. Obwohl sich dies in den letzten Jahrzehnten geändert hat, besteht immer noch ein erheblicher Einfluss dieser Traditionen auf die Lohnstrukturen im Gesundheitssektor.
Wie in vielen anderen Branchen sind auch im Gesundheitswesen Führungspositionen oft von Männern dominiert. Frauen haben zum Teil weniger Zugang zu Spitzenpositionen, die in der Regel besser entlohnt werden. Sie neigen ausserdem häufiger dazu, in Teilzeit zu arbeiten, insbesondere aufgrund von familiären Verpflichtungen. Teilzeitarbeit kann ebenfalls zu einem niedrigeren Einkommen führen, da die Arbeitsstunden reduziert sind.
Geschlechtsbezogene Vorurteile und Stereotypen können daneben auch bei Lohnverhandlungen eine Rolle spielen. In einigen Fällen kann auch mangelnde Transparenz bei den Lohnstrukturen dazu führen, dass der Gender Pay Gap bestehen oder sogar unbemerkt bleibt.
Lohnunterschiede innerhalb von Berufsgruppen
Die Lohnunterschiede innerhalb von verschiedenen Berufsgruppen können hier aufgrund der Vielfalt der Gesundheitsberufe nur stichpunktartig dargestellt werden. Daher wurde eine breite Auswahl aus verschiedenen medizinischen Berufssparten sowie unterschiedlichem Fachpersonal wie beispielsweise FaGe, Fachpersonen Betreuung, Ärzte/-innen und Pflegefachpersonen getroffen. Die Lohnunterschiede nach Geschlecht in diesen ausgewählten Berufen sowie der mittlere allgemeine Jahreslohn stellen sich für ein Alter von 25 bis 35 Jahren wie folgt dar:
Beruf | Mittlerer Jahreslohn allgemein | Frauen | Männer |
Arzt/Ärztin | 100’000 CHF | 98’575 CHF | 100’000 CHF |
Biomedizinische/r Analytiker/in | 78’000 CHF | 74’530 CHF | 71’110 CHF |
Dentalassistent/in | 54’600 CHF | 58’875 CHF | 59’000 CHF |
Drogist/in | 55’000 CHF | 55’900 CHF | 62’100 CHF |
Fachmann / Fachfrau Apotheke | 56’200 CHF | 57’295 CHF | 55’900 CHF |
Fachfrau/-mann Betreuung | 61’315 CHF | 60’500 CHF | 62’100 CHF |
Fachmann/-frau Gesundheit (FaGe) | 61’230 CHF | 62’400 CHF | 63’715 CHF |
Hebamme | 83’945 CHF | 79’350 CHF | 78’490 CHF |
Pflegefachfrau/-mann | 68’972 CHF | 74’985 CHF | 75’400 CHF |
Physiotherapeut/in | 78’910 CHF | 72’000 CHF | 73’240 CHF |
Rettungssanitäter/in | 78’000 CHF | 73’840 CHF | 76’050 CHF |
Gender Pay Gap in der Schweiz
Der Gender Pay Gap in der Schweiz ist nach wie vor eine Herausforderung und zeigt, dass es noch erhebliche Unterschiede in der Bezahlung zwischen Männern und Frauen gibt. Obwohl die Schweiz Gleichstellungsgesetze implementiert hat, besteht immer noch eine geschlechtsspezifische Lohnlücke, die auf verschiedenen Faktoren beruht.
Nach Angaben des Bundesamtes für Statistik (BFS) verdienten Frauen im Durchschnitt weniger als Männer. Die genaue Höhe des Gender Pay Gap variierte je nach Branche, Alter, Bildungsniveau und beruflicher Stellung. Die Lohnunterschiede sind in einigen Bereichen besonders auffällig, vor allem im Finanzsektor, in der Industrie und im Gesundheitswesen. Laut einer Lohnstrukturerhebung aus dem Jahr 2020 des BFS stellen sich diese dabei wie folgt dar:
Wirtschaftszweig | Durchschnittliche Lohndifferenz | Erklärter Anteil | Unerklärter Anteil | Unerklärte Lohndifferenz basierend auf dem Mittelwert |
Gesamtwirtschaft | 18 % (1’500 CHF pro Monat) | 52.2 % | 47.8 % | 7.8 % (717 CHF pro Monat) |
Privater Sektor | 19.5 % (1’599 CHF pro Monat) | 54.7 % | 45.3 % | 8.1 % (724 CHF pro Monat) |
Öffentlicher Sektor | 15.1 % (1’373 CHF pro Monat) | 53.3 % | 46.7 % | 7.0 % (642 CHF pro Monat) |
Betrachtet man die monatlichen Bruttolöhne nach Kadern, verdienen Frauen auch hier schlechter als Männer. Dies stellt sich im Detail für das Jahr 2020 für den privaten und öffentlichen Sektor im Median wie folgt dar:
Berufliche Stellung | Bruttomonatslohn total | Bruttomonatslohn Frauen | Bruttomonatslohn Männer | Unterschied in Prozent |
Oberstes, oberes und mittleres Kader | 10’531 CHF | 9’249 CHF | 11’116 CHF | 16.80 |
Unteres Kader | 8’762 CHF | 8’101 CHF | 9’145 CHF | 11.42 |
Unterstes Kader | 7’287 CHF | 6’844 CHF | 7’547 CHF | 9.31 |
Ohne Kaderfunktion | 6’062 CHF | 5’787 CHF | 6’214 CHF | 6.87 |
Total | 6’665 CHF | 6’211 CHF | 6’963 CHF | 10.80 |
Internationaler Vergleich
Im internationalen Vergleich weist die Schweiz in Bezug auf den Gender Pay Gap ähnliche Herausforderungen auf wie andere europäische Länder. In allen diesen Ländern gibt es eine mehr oder weniger ausgeprägte geschlechtsspezifische Lohnlücke. Nachfolgend werden daher einige Länder im Vergleich aufgeführt. Die Lohnangaben sind hier aufgrund der europäischen Vergleichbarkeit in Euro dargestellt.
Land | Rang | Lohn Männer | Lohn Frauen | Frauen im Gesundheitswesen | Ärztinnen | Arbeitszeit Männer | Arbeitszeit Frauen |
Frankreich | 1 | 36.415 € | 28.756 € | 79 % | 44 % | 38.6 | 34.5 |
Niederlande | 2 | 53.693 € | 42.276 € | 83 % | 54 % | 32.9 | 25.2 |
Finnland | 3 | 49.034 € | 37.302 € | 86 % | 58 % | 36 | 35.6 |
Slowenien | 4 | 30.399 € | 24.025 € | 82 % | 63 % | 40.9 | 39.3 |
Dänemark | 5 | 60.058 € | 50.066 € | 82 % | 51 % | 32.5 | 32.4 |
Vereinigtes Königreich | 6 | 48.300 € | 33.032 € | 78 % | 48 % | 38.6 | 33 |
Lettland | 7 | 18.933 € | 15.258 € | 88 % | 74 % | 37.7 | 37.2 |
Estland | 8 | 25.066 € | 17.027 € | 86 % | 74 % | 34.3 | 36.5 |
Spanien | 9 | 37.579 € | 28.256 € | 77 % | 55 % | 36.9 | 34.9 |
Schweden | 10 | 44.342 € | 39.372 € | 79 % | 48 % | 35.4 | 34 |
Schweiz | 11 | 89.199 € | 72.218 € | 76 % | 42 % | 36.8 | 29.4 |
Island | 12 | 94.355 € | 71.422 € | 76 % | 39 % | 37.9 | 31.9 |
Norwegen | 13 | 46.618 € | 40.675 € | 80 % | 49 % | 32.8 | 30.8 |
Litauen | 14 | 17.468 € | 12.297 € | 86 % | 69 % | 38.8 | 38.7 |
Polen | 15 | 14.929 € | 12.406 € | 83 % | 57 % | 40.9 | 38.8 |
Luxemburg | 16 | 70.272 € | 67.666 € | 73 % | 36 % | 38.6 | 33.9 |
Irland | 17 | 53.955 € | 43.274 € | 79 % | 44 % | 38.9 | 32.5 |
Deutschland | 18 | 51.851 € | 39.042 € | 77 % | 47 % | 37.6 | 31 |
Österreich | 19 | 50.644 € | 41.259 € | 77 % | 47 % | 38.2 | 31.1 |
Portugal | 20 | 24.021 € | 16.321 € | 84 % | 55 % | 38.1 | 38.1 |
Gender Pay Gap – Allgemeine Gründe
Allgemeine Gründe für den Gender Pay Gap liegen vor allem in branchenspezifischen Unterschieden. In bestimmten Sektoren, in denen traditionell mehr Männer tätig sind oder in denen Männer dominierende Positionen einnehmen, sind die Lohnunterschiede tendenziell grösser. Dazu zählen unter anderem die Bereiche Technik, Ingenieurwesen und Finanzen. Weibliche Fachkräfte sind darüber hinaus häufiger in Teilzeit beschäftigt, was zu einem geringeren Einkommen führen kann. Ausserdem tragen sie oft eine grössere Last unbezahlter Arbeit, wie Hausarbeit und Betreuung von Angehörigen, was ihre beruflichen Möglichkeiten beeinflussen kann. Es gibt auch Studien, die darauf hinweisen, dass Frauen weniger oft Lohnverhandlungen führen oder sich weniger selbstbewusst in solchen Situationen präsentieren.
Weiterhin können geschlechtsbezogene Diskriminierung und stereotype Vorstellungen über die Fähigkeiten von Frauen ebenfalls zu Benachteiligungen bei Lohnverhandlungen und Beförderungen führen. Nicht zuletzt können geschlechtsspezifische Unterschiede in der Entlohnung auf bestimmte berufsspezifische Faktoren zurückzuführen sein, wie etwa traditionell weiblich besetzte Berufe.
Der Gender Pay Gap liegt daneben auch an der sogenannten vertikalen und horizontalen Segregation: Frauen sind in der vertikalen Segregation häufiger in niedrigeren institutionellen Hierarchiestufen vertreten, die tendenziell schlechter bezahlt werden. Die horizontale Segregation besagt weiterhin, dass Frauen in bestimmten Berufen und Fachrichtungen weniger häufig vertreten sein können, was sich auf die Löhne auswirkt. In Berufen im sozialen Bereich, der Pflege oder der Erziehung sind hingegen traditionell mehr Frauen tätig.
Gender Pay Gap – Ansatzpunkte für mehr Lohngleichheit
Um den Gender Pay Gap im Schweizer Gesundheitswesen zu verringern, sind verschiedene Massnahmen erforderlich, darunter vor allem die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter auf allen Ebenen des Gesundheitswesens, um Frauen den Zugang zu Führungspositionen zu erleichtern und somit deren Lohnaussichten zu verbessern. Ferner ist eine Schaffung von transparenten und fairen Lohnstrukturen notwendig, um Diskriminierung und Ungleichheit zu reduzieren.
Eine Sensibilisierung für Stereotypen und Geschlechterrollen sollte ebenfalls vorangetrieben werden, um das Bewusstsein für die geschlechterspezifische Lohnlücke zu schärfen und Veränderungen in der Arbeitskultur zu fördern. Auch die Unterstützung von flexiblen Arbeitszeitmodellen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern und Frauen den Zugang zu Vollzeitarbeitsplätzen zu ermöglichen, könnte hilfreich sein. Nicht zuletzt kann auch eine Förderung von Weiterbildungs- und Aufstiegschancen für weibliche Gesundheitsfachpersonen dabei helfen, deren Karrieremöglichkeiten zu erweitern und zur Abschaffung der Gender Pay Gap beitragen.
Passende Jobs im Gesundheitswesen
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- Kanton Thurgau – Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA), Gender Pay Gap – Lohnungleichheit in der Schweiz und in der EU, https://www.karriere-thurgau.ch/... (Abrufdatum: 31.07.2023)
- BSS Basel, Analyse der Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern anhand der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) 2018, https://www.bss-basel.ch/... (Abrufdatum: 31.07.2023)
- Lenstore, Die besten europäischen Länder um als Frau im Gesundheitswesen zu arbeiten, https://www.lenstore.de/... (Abrufdatum: 24.10.2023)
- ResponsAbility, Erster globaler “Equal Pay Day”, https://www.responsability.com/... (Abrufdatum: 31.07.2023)
- Schweizerische Ärztezeitung, Der “gender pay gap” in der Medizin, https://saez.swisshealthweb.ch/... (Abrufdatum: 31.07.2023)
- ZWP online, Europastudie: Verdienst von Frauen in Gesundheitsberufen, https://www.zwp-online.info/... (Abrufdatum: 31.07.2023)
- Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann, Zahlen und Fakten,
- Bundesamt für Statistik, Lohnunterschied, https://www.ebg.admin.ch/... (Abrufdatum: 24.10.2023)
https://www.bfs.admin.ch/... (Abrufdatum: 24.10.2023)