Inhaltsverzeichnis
Das Bildungssystem der Schweiz zeichnet sich vor allem durch seine hohe Durchlässigkeit aus. So stehen Schweizern/-innen viele Wege offen, um eine Ausbildung zu beginnen oder diese nachzuholen. Auch im Gesundheitswesen gibt es für Interessierten dabei ein vielfältiges Bildungsangebot. Doch wie ist das Bildungssystem der Schweiz tatsächlich aufgebaut und welche Neuerungen weisst die Bildung im Gesundheitswesen auf? Diese und weitere Fragen beantwortet der nachfolgende Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
Bildungssystem in der Schweiz – Organisation
Das Bildungssystem der Schweiz bietet zahlreiche Möglichkeiten an Ausbildungswegen und zeichnet sich vor allem durch eine hohe Durchlässigkeit aus. In der Schweiz dauert die obligatorische Schulzeit dabei elf Jahre. Gemäss Verfassung ist der Schulbesuch an öffentlichen Schulen hierbei kostenlos und steht allen Kindern offen.
Mit rund vier Jahren beginnt die Schulpflicht in der Schweiz. Rund 95 Prozent der Schüler/innen absolvieren die obligatorische Schule dabei in öffentlichen Schulen – circa fünf Prozent besuchen hingegen eine Privatschule. Die Verantwortung für die obligatorische Schule obliegt den Kantonen. Aufgrund der verschiedenen kantonalen Gebiete und zur Vermeidung von daraus resultierenden Abweichungen im Schulsystem, legt ein Schulkonkordat von 2009 fest, dass die einzelnen Kantone des Landes dazu verpflichtet sind, die wichtigsten Ziele und Strukturen der obligatorischen Schule zu harmonisieren. Die Gemeinden organisieren hierbei den Schulbetrieb. Die hohe lokale Verankerung erlaubt daher auch angepasste Lösungen vor Ort.
Im Rahmen der nachobligatorischen Bildung, wozu die Sekundarstufe II und die Tertiärstufe geören, hat der Bund grössere Kompetenzen. Mit der Ausführung und Führung sind jedoch die Kantone bedacht. So werden beispielsweise die Abschlussprüfungen kantonal geregelt. Ausweise, wie Berufsmatura und Matura sowie Eidgenössische Fähigkeitszeugnisse (EFZ), werden jedoch vom Bund gestellt oder anerkannt.
Die darauffolgende Tertiärstufe umfasst Hochschulen wie Universitäre Hochschulen, Fachhochschulen oder Pädagogische Hochschulen. Die Kompetenzen sind hier ebenfalls verteilt. Dem Bund obliegt die Regelungskompetenz für den Bereich der höheren Berufsbildung, während die Kantone für Universitäten verantwortlich sind.
Bildungssystem in der Schweiz – Aufbau
Das Bildungssystem in der Schweiz setzt sich aus vier Ebenen zusammen, zu denen die Primärstufe, die Sekundarstufe I und II sowie die Tertiärstufe gehören. Die sogenannte obligatorische Schulzeit umfasst hierbei die Primarstufe inklusive Kindergarten sowie die Sekundarstufe I.
Nach der obligatorischen Schulzeit entscheiden sich etwa zwei Drittel der Schüler/innen für eine Lehre und ein Drittel für ein Gymnasium oder eine Fachmittelschule. Über 90 Prozent der Jugendlichen absolvieren wiederum erfolgreich eine nachobligatorische Ausbildung der Sekundarstufe II.
Die Tertiärstufe als letzte Ebene des Schweizer Bildungssystems umfasst Hochschulen und die höhere Berufsbildung, welche sich vor allem an Personen mit Berufserfahrung richtet und eine Spezialisierung oder Weiterqualifikation ermöglicht. Einen genaueren Überblick über die verschiedenen Stufen liefern dabei die nachfolgenden Kapitel.
Obligatorische Schule
Die obligatorische Schulzeit beginnt mit der Primarschule. Die Kinder sind beim Schuleintritt meist zwischen vier und fünf Jahren alt und besuchen die Primarschule rund acht Jahre, wobei die ersten zwei Jahre im Kindergarten verbracht werden. Das Ziel der Primarschule besteht darin, dass Schüler/innen ihre intellektuellen Fähigkeiten entfalten sowie musische Fähigkeiten entwickeln.
Die Sekundarstufe I als weiterer Bestandteil umfasst drei Jahre und vermittelt die grundliegende Allgemeinbildung. Sie bereitet die Schüler/innen auf eine Berufsbildung oder auf den Übertritt in weiterführende Schulen der Sekundarstufe II vor. Während der Übertritt von der Primarstufe in die Sekundarstufe I für Schulen mit Grundansprüchen ohne Prüfung erfolgt, stützen sich Schulen mit erweiterten Ansprüchen auf die Empfehlungen der Lehrkräfte der Primarstufe.
Ausschlaggebend sind hierbei neben guten schulischen Leistungen vor allem die individuelle Leistungsentwicklung sowie das Arbeits- und Lernverhalten. In einigen Kantonen ist ausserdem das Ablegen einer Prüfung notwendig.
Sekundarstufe II
Nach der Sekundarstufe I beginnen die Jugendlichen im Rahmen der Sekundarstufe II entweder eine berufsausbildende oder eine allgemeinbildende Ausbildung. Während rund zwei Drittel der Schweizer/innen nach der Sekundarstufe I eine duale Berufslehre beginnen, welche mit einem beruflichen Fähigkeitszeugnis sowie mit einer Berufsmaturität abgeschlossen werden kann, entscheiden sich rund ein Drittel der Jugendlichen für eine schulische Ausbildung (Fachmittelschulen oder Gymnasien), die auf ein Studium an einer Hochschule vorbereitet.
Mit einem Abschluss der Sekundarstufe II können junge Schweizer/innen dann entweder in einen Beruf einsteigen oder in eine höhere Fachschule (HF) wechseln. Insofern die gymnasiale Maturität Fachmaturität oder Berufsmaturität vorliegt, ist auch die Fortführung der Ausbildung an einer Hochschule denkbar.
Tertiärstufe
Die höhere Berufsbildung ist auf der Tertiärstufe angesiedelt. Zu ihr zählen die 12 universitären Hochschulen (zehn kantonale Universitäten und zwei technische Hochschulen), die acht Fachhochschulen (sieben öffentliche und eine private) und die 14 pädagogischen Hochschulen. Die universitären Hochschulen sind hierbei die traditionellen akademischen Hochschulen, deren Zulassungsvoraussetzung grundsätzlich über einen gymnasialen Maturitätsausweis erfolgt.
Ein Doktoratsstudium oder ein PhD-Studienprogramm kann dabei nur an einer universitären Hochschule absolviert werden, für die Interessierte die Berufs-, Fach- oder gymnasiale Maturität besitzen müssen. Die Fachhochschulen (FH) bieten unter anderem berufsorientierte Studiengänge in den Bereichen Gesundheit, Kunst oder auch Architektur an. Die Zulassung erfolgt grundsätzlich über ein eidgenössisches Berufsmaturitätszeugnis oder die Fachmaturität. Jedoch sind hierbei auch andere Zugangsvoraussetzungen möglich. Die Studenten/-innen erwerben an der Universität und der FH mit erfolgreichem Abschluss dann den Bachelor bzw. Mastertitel.
Zudem können Schweizer/innen eine höhere Fachschule (HF) besuchen, welche Bildungsgänge und Nachdiplomstudien beispielsweise für die Bereiche Gesundheit, Wirtschaft oder Soziales anbietet. Während die Berufs- und höhere Fachprüfungen als zweiter Bestandteil der höheren Berufsbildung mit einem eidgenössischen Fachausweis oder Diplom abschließt, kann mittels der höheren Fachprüfung ein Diplomtitel HF erzielt werden.
Bildungssystem in der Schweiz – Bildung im Gesundheitswesen
Auch im Gesundheits- und Betreuungswesen der Schweiz bestehen je nach Ausbildungsniveau verschiedene Möglichkeiten für Interessierte. Je nach persönlicher Vorbildung kann man sich hierbei zwischen einer Ausbildung im Rahmen der beruflichen Grundbildung, der höheren Berufsbildung oder auch einem Studium an einer FH oder einer Universität entscheiden. Je nach gewähltem Bildungsweg gestaltet sich die Ausbildung dabei unterschiedlich und beinhaltet verschiedene praktische und theoretische Anteile. Wie genau die Bildungswege gestaltet sind, erläutern die nachfolgenden Abschnitte.
Berufliche Grundbildung
Die Berufe im Gesundheitswesen sind vielfältig und Ausbildungen werden auf allen Stufen des Schweizer Bildungssystems angeboten. Sie eignen sich für den Start in die Berufslaufbahn oder auch für den Umstieg aus einem anderen Berufsfeld und können von Schülerinnen und Schülern direkt nach der obligatorischen Schule begonnen werden.
Eine berufliche Grundbildung (Lehre) vermittelt dabei die praktischen und theoretischen Qualifikationen zum Ausüben eines Berufes im Gesundheitswesen und kann entweder in einer zweijährigen Grundbildung mit eidgenössischem Berufsattest (EBA) oder einer drei- oder vierjährigen Grundbildung mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) absolviert werden.
In Ergänzung zur drei-/vierjährigen Grundbildung kann unter bestimmten Voraussetzungen auch die eidgenössische Berufsmaturität abgeschlossen werden. Die berufliche Grundbildung erfolgt dabei in der Regel dual. Die Lehrlinge gehen der berufspraktischen Ausbildung an etwa drei bis vier Tagen in ihrem Lehrbetrieb nach und besuchen an einem bis zwei Tagen in der Woche zusätzlich die Berufsfachschule. Ausserdem finden je nach gewählter Ausbildung überbetriebliche Kurse statt, in denen sie spezifische berufspraktische Fertigkeiten vertiefen.
Schulisches Vollzeitangebote
In einzelnen Fällen kann die berufliche Grundbildung auch mittels schulischem Vollzeitangebot absolviert werden. In der französisch- und der italienischsprachigen Schweiz ist der Anteil an schulischen Vollzeitangeboten jedoch deutlich höher als in der deutschsprachigen Schweiz.
Höhere Berufsbildung
Zur höheren Berufsbildung gehören die höheren Fachschulen (HF) und die eidgenössischen Prüfungen (Berufsprüfungen und höhere Fachprüfungen). Zugang zur höheren Berufsbildung erhält man mit einem EFZ oder einem gleichwertigen Abschluss und mehrjähriger Berufserfahrung.
Inklusive Praktika umfasst die vollzeitliche Bildung hierbei rund zwei bis drei Jahre. Zusätzlich ist für die berufsbegleitenden Ausbildung eine Berufstätigkeit im entsprechenden Gebiet von mindestens 50 Prozent vorgeschrieben. Zudem ist eine Mindestzahle an Lernstunden definiert. Für die Bildung an den höheren Fachschulen bestehen dabei Rahmenlehrpläne, welche unter anderem die zu erreichenden Kompetenzen, die Lernstunden und das Zusammenspiel von praktischen und schulischen Elementen sowie das Qualifikationsverfahren genauer definieren.
Studium
Ein Studium im Gesundheitswesen kann in der Schweiz an Fachhochschulen oder Universitäten erfolgen und vermitteln den Studenten/-innen Kompetenzen, die sie befähigen, selbständig Fach- und Führungsverantwortung zu übernehmen. Die Bildungsgänge im Bereich Gesundheit, werden dabei generell als Vollzeitstudium angeboten. Der Studiengang Pflege kann jedoch auch als Teilzeitstudiengang absolviert werden.
Für das Bachelorstudium sind dabei 180 ECTS-Punkte sowie für das Masterstudium noch einmal 90 bis 120 ECTS-Punkte notwendig, die sich an dem europäischen ECTS-System orientieren. Vollzeitliche Studiengänge dauern hierbei in der Regel drei Jahre, berufsbegleitende bis zu vier.
Die Ausbildungen an einer FH setzen eine abgeschlossene berufliche Grundbildung mit EFZ und Berufsmatura, oder einen allgemeinbildenden Abschluss (Fachmatura oder gymnasiale Matura) mit vorgängigem Praktikum im Berufsfeld Gesundheit und Soziales sowie den erfolgreich absolvierten Eignungstest voraus. Auch an den Schweizer Universitäten können Studierende einen Bachelor- bzw. Mastertitel im Bereich des Gesundheitswesens erwerben.
Bildungssystem in der Schweiz – Vorteile und Kritikpunkte
Während der eingeschlagene Berufsweg in einigen anderen Ländern nur schwerlich verlassen werden kann, zeichnet sich das Bildungswesen der Schweiz und dessen Ausbildungswege vor allem durch Transparenz und Durchlässigkeit aus. So gibt es verschiedene Wege in eine Ausbildung oder Schule ein- oder überzutreten sowie eine Ausbildung nachzuholen. Wer also über die notwendigen Qualifikationen verfügt, kann grundsätzlich die Ausbildung seiner Wahl absolvieren, bei den Hochschulen kann auch der Ausbildungsort frei gewählt werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass die Schweizer Bildungspartner im Austausch miteinander stehen und somit auch die Organisation und Abläufe des Bildungssystems bekannt sind. Die Universität kennt so beispielsweise den beruflichen Weg. Die Fachhochschule weiss wiederum, wie die Berufslehre abläuft. Dies lässt sich vor allem darauf zurückführen, dass die Vertreter/innen des Bundes, der Kantone und der Wirtschaft eng zusammenarbeiten.
Eine gewisse Einschränkung besteht im Bereich der Berufsbildung jedoch aufgrund des Lehrstellenangebotes. An einigen universitären Hochschulen gilt ausserdem ein Numerus clausus für einzelne Fächer, wodurch die Zugänge zum Studium hier beschränkt sind.
Bildungssystem in der Schweiz – Neuerungen
Zu den Neuerungen des Schweizer Bildungssystems zählt nicht zuletzt das Bundesgesetz über die Gesundheitsberufe (GesBG) welches Anfang 2020 in Kraft getreten ist. Dieses legt einheitliche Anforderungen an die Ausbildungen in der Pflege, Physiotherapie und Ergotherapie sowie für Hebammen, in der Ernährung und Diätetik, Optometrie und Osteopathie fest und ist notwendig, um die Qualität in der Versorgung zu gewährleisten.
In der Gesundheitsberufekompetenzverordnung (GesBKV) legt der Schweizer Bundesrat darüber hinaus fest, über welche berufsspezifischen Kompetenzen die Absolventen/-innen eines Studienganges verfügen müssen. Die Akademisierung der Gesundheitsberufe soll hierbei in erster Linie die Qualität des beruflichen Handelns verbessern und somit die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung stärken.
Passende Stellenangebote im Gesundheitswesen
Wer aktuell auf der Suche nach einer neuen Stelle im Gesundheitswesen ist, wird bei Medi-Karriere fündig. Hier gibt es eine große Auswahl an FaBe-Stellen, Jobs als Pflegefachfrau / Pflegefachmann oder Stellenangebote in der Krankenpflege.
- ODEC, Das Bildungssystem der Schweiz, https://www.odec.ch/... (04.03.2023)
- SWI, Berufslehre und Gymnasium, https://www.swissinfo.ch/... (05.03.2023)
- Schweizerische Eidgenossenschaft, Der Bundesrat, Gesundheitsberufe, https://www.sbfi.admin.ch/... (06.03.2023)
- Schweizerische Eidgenossenschaft, Bildung – Fakten und Zahlen, https://www.eda.admin.ch/... (06.03.2023)
- Schweizerische Eidgenossenschaft, Bundesamt für Gesundheit BAG, Gesundheitsberufegesetz GesBG und Ausführungsrecht sind in Kraft, https://www.bag.admin.ch/... (06.03.2023)