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Nachhaltigkeit spielt in vielen Bereichen der Gesellschaft eine wichtige Rolle – so auch im Gesundheitswesen. Um dabei mehr Bewusstsein für das Thema Nachhaltigkeit und die Klimakrise zu schaffen, wird jedes Jahr der sogenannte Earth Overshoot Day begangen. Dieser fiel in der Schweiz 2023 auf den 13. Mai. Der Swiss Overshoot Day kennzeichnet dabei den Tag eines jeden Jahres, indem die Schweiz die zur Verfügung gestellten Ressourcen des Jahres aufgebraucht hat und somit den weiteren Bedarf anderweitig decken muss. Der dazu führenden hohen Ressourcenverbrauch hat vielfältige Ursachen und Gründe, zu denen auch das Gesundheitswesen seinen Beitrag leistet.
Doch was bedeutet Nachhaltigkeit überhaupt? Wie sehen entsprechende Massnahmen in der Schweiz konkret aus und wie weit ist das Gesundheitswesen der Schweiz in Sachen Nachhaltigkeit? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigt sich der folgende Artikel.
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Nachhaltigkeit – Definition
Der Begriff der Nachhaltigkeit besitzt keine allgemeingültige Definition, kann jedoch unter anderem nach dem Brundtland-Bericht genauer beschrieben werden. Dieser definiert eine nachhaltige Entwicklung als die Fähigkeit, Ressourcen auf eine Art und Weise zu nutzen, die es ermöglicht, die Bedürfnisse der gegenwärtigen Generation zu erfüllen, ohne jene zukünftiger zu beeinträchtigen.
Hiermit gemeint ist demnach ein verantwortungsvoller und bewusster Umgang mit natürlichen Ressourcen sowie sozialen und wirtschaftlichen Systemen, um eine langfristige Tragfähigkeit gewährleisten zu können. Demnach ist ein wichtiger Aspekt der Nachhaltigkeit die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen. Der Begriff schliesst hierbei folglich auch die Bereiche Soziales und Wirtschaft mit ein.
Der Brundlandt-Bericht
Eine wichtige Grundlage für die Definition des Nachhaltigkeitsbegriffes bietet der 1987 von der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen veröffentlichte Brundtland-Bericht. Dieser befasst sich mit dem Konzept einer nachhaltigen Entwicklung und formulierte die bis heute genutzte Erläuterung. Durch den Bericht wurde dabei auch das Bewusstsein für die Zusammenhänge zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt gestärkt.
Die drei Säulen der Nachhaltigkeit
Die drei Säulen der Nachhaltigkeit sind ein Nachhaltigkeitsmodell, welches sich auf die Bereiche Ökologie, Ökonomie und Soziales bezieht. Hierbei geht es um die gleichzeitige Berücksichtigung der wirtschaftlichen Effizienz, der sozialen Gerechtigkeit und ökologischen Tragfähigkeit. Nur auf Basis dessen ist demnach eine nachhaltige Entwicklung langfristig möglich. Diese ist seit dem Erdgipfel im Juni 1992 in Rio de Janeiro als weltweites Leitprinzip international akzeptiert.
Die wirtschaftliche Dimension konzentriert sich hierbei unter anderem auf Aspekte wie die Schaffung von allgemeinem Wohlstand und nachhaltigem Wirtschaften. Dies soll dabei auf eine Art und Weise geschehen, welche ökologisch und sozial verantwortlich ist. Eine nachhaltige Wirtschaft zielt demnach darauf ab, die natürlichen Ressourcen sinnvoll zu nutzen, eine effektive Nutzung von Energie und Materialien zu fördern und eine wirtschaftliche Entwicklung im Einklang mit ökologischen und sozialen Anforderungen zu gestalten.
Die soziale Dimension als weiterer Bereich befasst sich mit dem Wohlergehen und der Gerechtigkeit innerhalb der Gesellschaft. Soziale Nachhaltigkeit zielt hierbei darauf ab, das Leben und das Wohlbefinden aller Menschen zu verbessern, indem deren Grundbedürfnisse erfüllt und Chancen auf Gleichheit und Gerechtigkeit gefördert werden.
Die dritte Säule bezieht sich hingegen auf die Umwelt selbst. Sie umfasst sowohl den Schutz als auch die Erhaltung der natürlichen Ressourcen wie beispielsweise der Luft, des Wassers und weiterer begrenzter Ressourcen und soll daher zu deren langfristigen Erhalt beitragen.
Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen
Auch das Gesundheitswesen trägt mit seinen verschiedenen Einrichtungen unter anderem durch den Verbrauch natürlicher Ressourcen und den Ausstoss von CO2 zum Klimawandel bei. Aus diesem Grund sind auch hier eine nachhaltige Entwicklung und Anpassung sowie die Übernahme von Verantwortung im Betrieb der Einrichtungen erforderlich.
So betreffen beispielsweise einige der sogenannten Sustainable Development Goals, kurz SDGs, ein nachhaltiges Gesundheitssystem und die Erhaltung der Gesundheit und können durch deren Berücksichtigung und Umsetzung zu mehr Nachhaltigkeit beitragen. Zu den relevanten Zielen gehören zum Beispiel die folgenden:
- 3 – Gesundheit und Wohlergehen
- 7 – Bezahlbare und saubere Energie
- 8 – Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum
- 10 – Weniger Ungleichheiten
- 12 – Nachhaltige/r Konsum und Produktion
- 13 – Massnahmen zum Klimaschutz
Die SDGs
Die SDGs umfassen insgesamt 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, welche im September 2015 von 193 Staats- und Regierungschefs auf dem Nachhaltigkeitsgipfeltreffen der UNO in Paris verabschiedet wurden. Bis 2030 sollen diese global und von allen unterzeichnenden Staaten umgesetzt werden. Als Handlungsprinzipien orientieren sich die SDGs dabei an fünf Kernbotschaften zu denen der Schutz des Planeten, Wohlstand für alle, Frieden, der Aufbau globaler Partnerschaften sowie die Würde des Menschen, welcher im Mittelpunkt stehen soll, gehören.
Einflüsse des Gesundheitswesens
Das Gesundheitswesen trägt durch dessen vielfältigen Einflüsse dabei nicht nur zum Ressourcenverbrauch und Klimawandel bei, sondern ist auf der anderen Seite auch direkt von dessen Folgen betroffen. So hat das Gesundheitswesen durch sein Handeln einerseits negative Auswirkungen auf die Umwelt. Andererseits kann auch der Klimawandel selbst direkt Konsequenzen für die Gesundheit der Menschen haben.
Der wohl offensichtlichste Einfluss des Gesundheitswesens sind die bereits zuvor erwähnten Treibhausgasemissionen. So gehen laut Health Care’s Climate Footprint rund 6,7 Prozent der gesamten Emissionen der Schweiz auf den Bereich des Gesundheitswesens zurück. Insgesamt sind dies rund 8,32 Megatonnen CO2-Äquivalente an Nettoemissionen. Diese entstehen in Spitälern beispielsweise durch Wärme und Kühlung, die benötigte Energie und die zur Verfügung gestellten Lebensmittel sowie die Bebauung und Infrastruktur. Auch Arzneimittel und die häufig im medizinischen Bereich verwendeten Mehr- und Einwegprodukte wie Spritzen, Handschuhe und Einweginstrumente tragen ihren Teil zur Gesamtemission eines Spitals bei. Daneben spielen auch anderweitiger Müll, Abwasser und Mobilität eine entsprechende Rolle.
Neben den hierdurch entstandenen Emissionen müssen hierbei jedoch auch Aspekte wie der Verbrauch von Rohstoffen, die Auswirkungen auf die natürliche Umwelt und die Abbau- bzw. Recyclingfähigkeit von Gütern berücksichtigt werden. So beinhalten medizinische Produkte beispielsweise zum Teil Chemikalien, welche eine negative Wirkung auf die Umwelt haben können.
Ansatzpunkte im Gesundheitswesen
Entsprechend der Vielzahl an Einflussfaktoren gibt es daher einige mögliche Massnahmen, um den Klinikalltag nachhaltiger zu gestalten. Dabei können primär Optimierungen und Veränderungen auf Ebene der Energieverwertung, Müllentsorgung und Wiederverwertung sowie beim Bau neuer Spitäler, umgesetzt werden.
So gehen zum Beispiel etwa 15 bis 20 Prozent der Treibhausgas-Emissionen eines durchschnittlichen Schweizer Spitals auf die Regulierung von Wärme beziehungsweise Kälte zurück. Mögliche Reduktionsmassnahmen bestehen daher unter anderem im Einsatz umweltfreundlicherer und effizienter Wärme- und Kältesysteme, die nicht auf der Basis fossiler Rohstoffe funktionieren und sich beispielsweise entsprechend der Wetterlage regulieren lassen.
Dies gilt ebenfalls für die Energieversorgung von Spitälern und anderweitigen Institutionen des Gesundheitswesens. Hierbei sollte nicht nur auf erneuerbare Energien gesetzt, sondern auch die grundsätzliche Unabhängigkeit der Energieversorgung angestrebt werden. Zu betrachten ist dabei jedoch nicht nur die Input-, sondern auch die Output-Seite. Das Prinzip der Reduktion sowie Anpassung an Gegebenheiten und Notwendigkeit gilt nämlich grundsätzlich auch hierfür. Hier kann beispielshaft der Einsatz von Präsenzmelder oder energiesparender LED-Beleuchtung einen ersten Schritt in Richtung eines nachhaltigen Gesundheitswesens darstellen.
Weiterhin sind auch die Materialbeschaffung und der Umgang mit dem anfallenden Müll zu berücksichtigende Aspekte, da auch die vorgelagerte Lieferkette sowie die korrekte Entsorgung und die Verwendung von Abfällen im Gesundheitswesen zum Klimawandel und dem Verbrauch natürlicher Ressourcen beitragen. Hierbei sollten eine nachhaltige Beschaffung und die Schonung der Ressourcen im Vordergrund stehen. Idealerweise werden dabei Kreislaufsystem angestrebt, die eine Wiederverwendung bzw. anderweitige Verwertung von Stoffen und Produkten innerhalb des eigenen Systems ermöglichen.
Doch auch ausserhalb der Klinikstrukturen gibt es Möglichkeiten Liefer- und Transportketten energiesparender und nachhaltiger aufzubauen. Hierfür ist in erster Linie auch die Nachfrage der Spitäler nach entsprechenden Angeboten wichtig.
Vor allem bei Neubauprojekten bietet sich daraus folgend vielfältige Möglichkeiten für grüne Spitäler und Kliniken. So können beispielsweise direkt energieeffiziente Pumpen, Lüftungs- und Beleuchtungssysteme sowie eine entsprechende Müll- und Recyclinginfrastruktur integriert werden. Ein weiterer Lösungsansatz ist der Einbau von Photovoltaikanlagen in die Gebäudefassade und das Dach sowie die Verwendung nachhaltiger Baumaterialien. Sowohl das Kantonspital Winterthur als auch das Inselspital Bern gehen hier mit gutem Beispiel voran.
Nachhaltigkeit – Aktueller Stand im Schweizer Gesundheitswesen
Der aktuelle Stand bezüglich des Themas Nachhaltigkeit im Schweizer Gesundheitswesen lässt sich wie folgt zusammenfassen – es ist ein Prozess. So ist das Bewusstsein hierfür bereits geschaffen worden und es wird an Lösungsmöglichkeiten gearbeitet. Doch in der Realität ist bisher nur ein kleiner Bereich des Gesundheitswesens in der Lage im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu agieren. Es gibt zwar einige Ansätze und Ziele, allerdings sind diese noch immer nicht die Norm. Daher besteht weiterhin Handlungsbedarf in Spitälern und anderweitigen medizinischen Einrichtungen wie zum Beispiel Arztpraxen.
Nachhaltigkeit – Ziele eines nachhaltigen Schweizer Gesundheitswesens
Die Ziele eines nachhaltigeren Schweizer Gesundheitswesens betreffen verschiedene Bereiche und Berufsgruppen. Um eine nachhaltige Entwicklung langfristig sichern zu können, formuliert die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften in einer Roadmap dabei sieben grundlegende Ziele. Diese umfassen folgende Aspekte:
- Ausreichend grosse und gesicherte Zahl gut ausgebildeter Gesundheitsfachleute, die am richtigen Ort zum Einsatz kommen
- Versorgungsmodelle entsprechen, unter Berücksichtigung der gesamten Behandlungskette, Bedarf und Bedürfnissen.
- Sinnvolle und bedarfsgerechte Elemente der Steuerung und Prozessunterstützung für das Gesundheitssystem sind erarbeitet, beruhen auf relevanten Daten und adäquaten Strukturen.
- Neue Finanzierungsmodelle, die Fehlanreize verhindern.
- Medizinische Leistungen in Prävention, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation werden nur vergütet, wenn sie WZW-Kriterien genügen.
- Die Forschung liefert die notwendigen Grundlagen, um das Gesundheitssystem nachhaltig zu gestalten.
- Public Health und Eigenverantwortung des Bürgers sind gestärkt
Was sind die WZW-Kriterien?
Die Abkürzung WZW steht für die Begriffe Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit. Diese werden in Artikel 32 Absatz 1 KVG als Voraussetzungen für die Übernahme von Leistungen durch die OKP definiert.
Nachhaltigkeit – Vorteile für das Gesundheitswesen
Nachhaltigkeit kann eine Vielzahl von Vorteilen für das Gesundheitswesen bieten. So können beispielsweise durch einen effizienteren Energieverbrauch und eine bessere Abfallwirtschaft, Kosten reduziert werden. Auch finanzielle Anreize und Vergünstigungen lassen mehr Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen als attraktiv erscheinen. Eine derartige Entwicklung kann zudem die Gemeinschaft positiv beeinflussen, da hierdurch das Wohlbefinden und die Gesundheit aller Mitarbeiter/-innen sowie Patienten/-innen gefördert wird. Durch ein gestärktes Wohlbefinden kann man zudem leichter neue Fachkräfte gewinnen und langfristig Personal binden.
Diesen Effekt bringt auch die Vorbildfunktion mit sich, die nachhaltige Spitäler und Arztpraxen derzeit im Rahmen des zunehmenden Bewusstseins für eine nachhaltigere Entwicklung haben. Allgemein unterstütz ein nachhaltiges Gesundheitswesen jedoch auch die langfristige Tragfähigkeit der Prozesse und medizinischen Einrichtungen und trägt seinen Teil zur Reduktion des Ressourcenverbrauchs und der Treibhausgasemissionen bei.
Passende Stellenangebote im Gesundheitswesen
Wer aktuell auf der Suche nach einer neuen Stelle im Gesundheitswesen ist, wird bei Medi-Karriere fündig. Hier gibt es Stellen als Pflegefachfrau / Pflegefachmann, FaGe Jobs oder Stellenangebote in der Verwaltung.
- Schweizerische Eidgenossenschaft, 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, https://www.eda.admin.ch/... (Abrufdatum: 17.03.2023)
- SAMW, Nachhaltiges Gesundheitssystem, https://www.samw.ch/... (Abrufdatum: 17.03.2023)
- Akademie der Wissenschaften Schweiz, Ein nachhaltiges Gesundheitssystem für die Schweiz, https://www.samw.ch/... (Abrufdatum: 17.05.2023)
- Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, https://www.bmz.de/... (Abrufdatum: 17.05.2023)
- Earth Overshoot Day, Country Overshoot Days, https://www.overshootday.org/... (Abrufdatum: 17.05.2023)
- Partnership for Health System Sustainability and Resilience, Nachhaltigkeit und Resilienz im Schweizer Gesundheitssystem, https://www3.weforum.org/... (Abrufdatum: 17.03.2023)
- Ziele für nachhaltige Entwicklung, Was sind die 17 Ziele?, https://17ziele.de/... (Abrufdatum: 15.05.2023)
- Michael Stoll, 3-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit, https://www.michael-stoll.info/... (Abrufdatum: 17.03.2023)
- Inselgruppe, Leitbild Fachstelle Nachhaltigkeit, https://www.inselgruppe.ch/... (Abrufdatum: 16.05.2023)
- Management und Qualität, Schweizer Spitäler: Nachhaltigkeit lohnt sich, https://www.m-q.ch/... (Abrufdatum: 16.05.2023)
- Schweizerische Eidgenossenschaft, Operationalisierung der Kriterien „Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit“, https://www.bag.admin.ch/... (Abrufdatum: 17.05.2023)
- Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, https://www.bmz.de/... (Abrufdatum: 17.05.2023)