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Der Pikettdienst ist im Schweizer Gesundheitswesen – besonders in der Pflege – weit verbreitet. Er ermöglicht Einsätze ausserhalb der regulären Arbeitszeit, etwa bei Notfällen oder Personalausfällen. Doch wie ist der Pikettdienst geregelt? Was sagt das Schweizer Gesetz dazu? Und wie sieht eine faire Pikettdienst Entschädigung aus? Dieser Artikel gibt einen kompakten Überblick für Pflegepersonal.
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Was ist der Pikettdienst?
Der Pikettdienst – auch als Rufbereitschaft bezeichnet – ist im Schweizer Gesundheitswesen eine bewährte Organisationsform, um auf besondere Ereignisse oder unvorhergesehene Ausnahmesituationen flexibel reagieren zu können. Gerade in der Pflege wird er eingesetzt, wenn das reguläre Personal kurzfristig verstärkt werden muss, etwa bei Notfällen, Personalausfällen oder einem plötzlichen Anstieg der Patientenzahl.
Pflegefachpersonen im Pikettdienst müssen sich nicht direkt in der Klinik oder Einrichtung aufhalten, aber sie sind verpflichtet, für einen möglichen Einsatz abrufbereit zu sein. Das heisst: Sie halten sich zu Hause oder an einem vereinbarten Ort auf und stehen bereit, um bei Bedarf kurzfristig zur Arbeit zu kommen – meist zusätzlich zur regulären Arbeitszeit. Ob ein Einsatz tatsächlich stattfindet, ist im Voraus nicht bekannt.
Varianten
Der Pikettdienst ist nur eine von mehreren flexiblen Einsatzformen im Schweizer Gesundheitswesen. Im Gegensatz zur Rufbereitschaft basiert die Arbeit auf Abruf auf einem komplett flexiblen Einsatzsystem ohne fixen Arbeitsplan. Arbeitnehmende werden bei Bedarf aufgeboten, etwa wenn sich kurzfristig ein hoher Arbeitsanfall abzeichnet – zum Beispiel in der Langzeitpflege. Die Arbeitszeiten werden dann spontan vereinbart, je nach Situation. Im Unterschied zum Pikettdienst besteht hier keine verbindliche Bereitschaft, sondern eine lose Einsatzplanung nach Bedarf.
Ein weiteres Modell ist der sogenannte Springer- oder Flexpool. Dabei handelt es sich um Pflegefachpersonen oder Ärzte, die kurzfristig und flexibel in verschiedenen Abteilungen oder Einrichtungen einspringen. Der Einsatz kann dabei geplant oder sehr kurzfristig erfolgen. In einigen Fällen wird dieses Modell mit dem Pikettdienst kombiniert, etwa wenn Springer-Personal auch Piketteinsätze übernimmt. Der Unterschied liegt hier in der Planbarkeit: Während im Flexpool meist ein vorausschauender Einsatz erfolgt, ist der Pikettdienst oft mit einer kurzfristigen Alarmierung verbunden.
Vor allem im ärztlichen Bereich – beispielsweise bei Hausärzten – ist der Notfalldienst verbreitet (in gewissen Kantonen sogar gesetzlich vorgeschrieben). Dieser verpflichtet medizinisches Personal, ausserhalb der regulären Arbeitszeit für medizinische Notfälle zur Verfügung zu stehen.
Rechtliche Regelungen
In der Schweiz gibt es keine gesetzliche Pflicht, einen Pikettdienst zu leisten. Das bedeutet: Arbeitnehmende im Gesundheitswesen können nur dann zu dieser Dienstform verpflichtet werden, wenn sie dem vertraglich ausdrücklich zugestimmt haben – etwa im Arbeitsvertrag oder durch eine separate Vereinbarung.
Ein eigenes „Pikettdienst Gesetz Schweiz“ existiert nicht. Stattdessen sind die rechtlichen Vorgaben in verschiedenen Artikeln des Schweizer Arbeitsgesetzes und dessen Verordnungen geregelt – insbesondere mit Blick auf Einsatzplanung, Ruhezeiten und zulässige Belastung.
Gemäss den arbeitsrechtlichen Bestimmungen darf eine Pflege- oder Gesundheitsfachperson innerhalb eines Planungszeitraums von vier Wochen höchstens an sieben Tagen im Pikettdienst stehen. Nach dem Ende dieses Pikettdienst-Zeitraums gilt eine Pflichtpause von mindestens zwei Wochen, in der keine Pikettdienste geleistet werden dürfen.
Es gibt jedoch eine Ausnahmeregelung, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. In diesem Fall darf eine Pflegefachperson im Vierwochenzeitraum an bis zu 14 Tagen Pikett leisten, sofern beide Bedingungen erfüllt sind:
- Aufgrund der Betriebsgrösse oder -struktur stehen nicht genügend Personalressourcen zur Verfügung,
- Die betroffene Person macht im Durchschnitt nicht mehr als fünf Pikettdienste pro Monat im Kalenderjahr und es liegt kein Fall mit verkürzter Interventionszeit (gemäss Artikel 8a Abs. 2 bis 4 ArGV 2) vor.
Wichtig ist auch: Für den Pikettdienst braucht es eine Bewilligung durch die kantonalen Behörden, insbesondere wenn der Dienst ausserhalb der regulären Arbeitszeit liegt. Zusätzlich müssen für die geleisteten Einsätze klare Ausgleichsregelungen bestehen – sei es in Form von Freizeit oder Pikettdienst-Entschädigungen, je nach Kanton und Institution.
Wann gilt Pikettdienst als Arbeitszeit?
Ob der Pikettdienst als Arbeitszeit gilt, hängt in der Schweiz stark davon ab, wo und wie er geleistet wird. Grundlage ist die Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz:
Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1)
«Als Arbeitszeit im Sinne des Gesetzes gilt die Zeit, während der sich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zur Verfügung des Arbeitgebers zu halten hat; ...»
Diese Definition lässt sich grundsätzlich auch auf den Pikettdienst anwenden – allerdings mit Unterschieden je nach Einsatzform:
Wird der Pikettdienst vor Ort, also direkt in der Institution oder im Spital geleistet, gilt dieser vollumfänglich als Arbeitszeit. Die betroffene Person steht während der gesamten Dauer vollständig zur Verfügung und kann bei Bedarf sofort eingreifen.
Anders sieht es aus, wenn der Pikettdienst zu Hause oder an einem anderen Ort stattfindet. Hier unterscheidet man zwischen zwei Varianten:
- Passiver Pikettdienst: Die pflegerische Fachperson kann sich frei bewegen, solange sie im Einsatzfall erreichbar bleibt (zum Beispiel mit dem Diensthandy). In diesem Fall zählt die Zeit nicht als Arbeitszeit, sondern es wird üblicherweise eine Pikettdienst-Entschädigung für die Bereitschaft bezahlt.
- Aktiver Pikettdienst: Sobald ein Einsatz beginnt, gilt die Zeit ab diesem Moment als vollwertige Arbeitszeit – inklusive An- und Abreise zum/vom Arbeitsort.
Muss eine Pflegefachperson in weniger als 30 Minuten einsatzbereit sein, wird der Dienst arbeitsrechtlich, wie ein Bereitschaftsdienst im Betrieb behandelt – also als volle Arbeitszeit gewertet. In Spitälern gibt es hierfür jedoch eine besondere Ausnahmeregelung: Der Einsatzhorizont darf auch kürzer als 30 Minuten sein, sofern während der inaktiven Zeit im Pikettdienst ein Zeitzuschlag von zehn Prozent geleistet wird.
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Pikettdienst – Lohn und Lohnzuschlag
Die Frage nach der Pikettdienst Entschädigung sorgt im Gesundheitswesen immer wieder für Diskussionen – auch weil es keine einheitliche gesetzliche Regelung zur Bezahlung gibt. Die Lohnfrage wird im Rahmen des privaten Arbeitsrechts geregelt und ist daher vor allem eine Verhandlungssache zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Trotzdem gibt es wichtige rechtliche Grundlagen: Das Bundesgericht hat in einem wegweisenden Entscheid festgehalten, dass die Bereitschaftszeit entschädigt werden muss. Dabei muss die Entschädigung nicht dem regulären Stundenlohn der Haupttätigkeit entsprechen, sondern kann auch tiefer ausfallen, solange sie angemessen ist.
In der Praxis erfolgt die Regelung zur Entschädigung für den Pikettdienst entweder im Arbeitsvertrag, im Gesamtarbeitsvertrag (GAV) oder als integrierter Bestandteil des regulären Lohns. Bei Pikettdiensten in der Nacht oder an Sonn-/ Feiertagen besteht Anspruch auf Zuschläge.
Pikettdienst – Sonderregelungen
Grundsätzlich sieht das Arbeitsgesetz eine tägliche Ruhezeit von elf Stunden vor. Diese kann jedoch durch Einsätze im Rahmen des Pikettdienstes unterbrochen werden. Wichtig ist dabei: Falls es durch einen Einsatz nicht möglich ist, mindestens vier aufeinanderfolgende Stunden Ruhezeit einzuhalten, muss die Ruhezeit im Nachhinein kompensiert werden.
Während den offiziellen Ferientagen dürfen Arbeitnehmende nicht für Pikettdienst eingeteilt werden. Dies dient dem Schutz der Erholung und gilt unabhängig von der Personalsituation im Betrieb.
Kommt es zu kurzfristigen Änderungen im Einsatzplan – beispielsweise wegen betrieblicher Notwendigkeit –, geniessen Arbeitnehmende mit Familienpflichten einen besonderen Schutz. Sie dürfen nur dann zum Pikettdienst herangezogen werden, wenn sie dem ausdrücklich zustimmen und wenn es für den Betrieb keine zumutbare Alternative gibt. Das schafft eine wichtige Balance zwischen betrieblichen Anforderungen und familiären Verpflichtungen.
Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft schwangere und stillende Mütter. Sie dürfen nicht über die vertraglich vereinbarte tägliche Arbeitszeit hinaus beschäftigt werden. Das bedeutet konkret: Ein Einsatz im Pikettdienst ist für sie ausgeschlossen.
Pikettdienst – Organisation
Die Organisation des Pikettdienstes ist nicht nur Aufgabe der Arbeitgeberseite – auch die Mitwirkung der Arbeitnehmenden spielt eine wichtige Rolle. Gemäss Arbeitsgesetz haben Pflegefachpersonen und anderes Gesundheitspersonal ein Mitwirkungsrecht bei der Gestaltung der Arbeits- und Einsatzzeiten, einschliesslich der Planung von Pikettdiensten.
Das bedeutet: Bei der Festlegung von Piketteinsätzen sollen die Bedürfnisse der Mitarbeitenden – soweit betrieblich möglich – berücksichtigt werden. Zudem gilt: Arbeitspläne mit Pikettdiensten müssen möglichst frühzeitig bekanntgegeben werden, spätestens jedoch zwei Wochen vor dem geplanten Einsatz. Diese Vorlaufzeit ist wichtig, um eine bessere Planbarkeit im privaten und beruflichen Alltag zu ermöglichen – besonders in einem belastenden Umfeld wie der Pflege.
Passende Jobs im Gesundheitswesen
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- Pikettdienst, https://www.seco.admin.ch/... (Abrufdatum: 11.07.2025)
- Pikettdienst, https://vpod.ch/... (Abrufdatum: 11.07.2025)
- Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz, https://www.fedlex.admin.ch/... (Abrufdatum: 11.07.2025)