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Marie Heim-Vögtlin, geboren am siebten Oktober 1845 in Bözen, war die erste Schweizer Ärztin und als Frauenärztin tätig. Sie wuchs als jüngstes von drei Kindern in einer Pfarrerfamilie auf und wusste schon früh, was sie wollte: Medizin studieren. Sie erkämpfte sich daher das Recht auf Bildung und Berufsausübung als Frau und wurde 1868 an der Universität Zürich als erste Frau in der Schweiz zum Studium an einer medizinischen Fakultät zugelassen.
Obwohl Marie Heim-Vögtlin keiner feministischen Bewegung angehörte, gilt sie dabei für viele Frauen als ein Vorbild. Anlässlich des Weltfrauentages liefert der folgende Artikel daher Wissenswertes über die Persönlichkeit Marie Heim-Vögtlin und ihre Tätigkeit als Ärztin.
Inhaltsverzeichnis
Marie Heim-Vögtlin – Biografie
Marie Heim-Vögtlin wurde am siebten Oktober 1845 in Bözen, im Kanton Aargau, als jüngstes von drei Kindern in einer Pfarrerfamilie geboren und wuchs in dem kleinen Aargauer Dorf auf. Ihre Eltern waren Julius David Vögtlin, Dorfpfarrer in Bözen, und Henriette Vögtlin, geborene Benker. Im Alter von 19 Jahren verlor Marie jedoch leider ihre Mutter. Ihr Bruder verstarb als Kleinkind.
Nach ihrer Zeit im Internat, ihrer Mithilfe in der Familie und bei der Betreuung kranker Angehöriger sowie einer wieder aufgelösten zweijährigen Verlobung mit ihrem Cousin und Medizinstudenten Friedrich Erismann, stellte Marie das traditionelle Rollenbild der Frau zunehmend in Frage und hegte bereits als junge Frau den Wunsch, Medizin zu studieren und Ärztin zu werden.
Ihr Vater unterstützte ihren Wunsch und förderte die Bildung seiner Tochter, die sowohl für die Immatrikulation als auch für die spätere Niederlassung als Gynäkologin dessen Erlaubnis und schriftliche Unterstützung benötigte. Ihr Vater, der ein sehr konservativer Theologe war, investierte dabei sehr viel Geld in die Ausbildung seiner Tochter und handelte aus reiner Liebe zu ihr.
Damalige Ansichten zu Frauen im Studium
Die Öffentlichkeit war damals der Ansicht, dass das weibliche Geschlecht körperlich zu schwach sei, ein Studium in Humanmedizin zu absolvieren und dem standhalten zu können.
Mit 23 Jahren wurde Marie 1868 so schliesslich an der Universität Zürich als erste Frau in der Schweiz zum Studium an einer medizinischen Fakultät zugelassen. Nicht nur im Familienkreis, sondern auch im ganzen Land, war infolgedessen ein Sturm der Entrüstung ausgelöst worden.
Marie war jedoch eine begabte und sehr strebsame Studierende, die sich in einem von Männern geprägten Umfeld stets beweisen und viele Hindernisse erfahren musste. 1874 erlangte sie schlussendlich den Studienabschluss und wurde somit zur ersten Ärztin der Schweiz. Mit einer eigenen Praxis für Frauenheilkunde in Zürich erfüllte Marie sich anschliessend ihren Lebenstraum und arbeitete als Frauenärztin.
1875 heiratete sie dann ihren Verlobten, den Geologen Albert Heim, den sie bereits während des Studiums kennen gelernt hatte. Mit zwei eigenen Kindern sowie einer Pflegetochter führten die beiden dabei eine Ehe, für die es zu diesem Zeitpunkt noch keine Vorbilder gab: Sowohl Albert als auch Marie waren in einem anspruchsvollen Beruf beschäftigt. Trotz allem versuchte Marie ihrem Umfeld zu beweisen, dass die Pflichten als Hausfrau auch neben ihrer beruflichen Position als Ärztin zu erfüllen sind. Marie Heim-Vögtlin gehörte so zu den ersten Frauen, die sich um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bemühten.
Am 7. November 1916, im Alter von 71 Jahren, starb Marie in Zürich, nachdem sie 1912 an Lungentuberkulose erkrankte und am Ende ihres Lebens bettlägerig war.
Marie Heim-Vögtlin – Studium und Tätigkeit als Ärztin
Bevor Marie Heim-Vögtlin das Studium an der medizinischen Fakultät hatte aufnehmen dürfen, musste sie auf Druck einiger Familienangehöriger eine halbjährige Bedenkfrist einhalten. Vor allem von ihrer Tante Rosina Rahn-Vögtlin erfuhr Marie dabei Widerstand, während ihre unverheiratete ältere Schwester Anna ihren Wunsch unterstützte. Diese erklärte sich hierfür sogar bereit, dem verwitweten Vater im Haushalt zu helfen, damit Marie studieren und sich von der traditionellen Rolle der Frau distanzieren konnte.
Im Medizinstudium in Zürich stiess Marie ausserdem auf verständnisvolle Professoren, die damals eher zur Ausnahme gehörten. Zum Vergleich: An der ältesten Schweizer Universität in Basel wurden Frauen erst 1890 zum Studium an der medizinischen Fakultät zugelassen. Nach ihrem Studienabschluss 1873 spezialisierte sich Marie schliesslich im Fachgebiet Gynäkologie in Leipzig und war einige Monate in einer Entbindungsklinik in Dresden angestellt. Ihre Doktorarbeit schrieb sie zum Thema „Über den Befund der Genitalien im Wochenbett“ und verteidigte 1874 ihre Dissertation in Zürich.
Ein Jahr später eröffnete sie dort ihre eigene Praxis und stand als erste Schweizer Ärztin unter besonderer Beobachtung der Öffentlichkeit. Dabei behandelte sie konsequent ausschliesslich Frauen und Kinder.
Marie Heim-Vögtlin – Besondere Errungenschaften
Marie Heim-Vögtlin unterstützte neben ihrer Tätigkeit als Ärztin auch Frauenorganisationen im Bereich Abstinenz und Sittlichkeit und wirkte bei der Gründung eines Frauenspitals mit angegliederter Schweizerischer Krankenschwesternschule mit.
Als Quästorin ermöglichte sie 1901 ausserdem die Eröffnung der von Frauen geleiteten Züricher Pflegerinnenschule (Pflegi) und übernahm zudem die Leitung der Kinderabteilung. Sie unterrichtete hier auch zum Thema Wochen- und Kinderpflege.
Neben ihrer Dissertation sind dabei folgende weitere Werke von Heim-Vögtlin zu nennen:
- 1879: „Einige Fälle seltener Blasenerkrankungen“
- 1898: „Die Pflege des Kindes im ersten Lebensjahr“
- 1904: „Die Aufgabe der Mutter in der Erziehung der Jugend zur Sittlichkeit“
- 1907: „Worte einer Mutter an Mütter“
Marie Heim-Vögtlin – Gleichstellungsbestrebungen
Marie Heim-Vögtlin zählt zu den Vorreiterinnen im Kampf für den Zugang der Frauen zur akademischen Bildung und obwohl sie keiner feministischen Bewegung angehörte, ist sie für viele Frauen ein Vorbild. Das gewagte Projekt als Frau Medizin zu studieren, musste dabei gelingen, wobei für Marie von Anfang an klar war, dass sie – im Interesse der Frauen – nicht scheitern durfte. Ihre Worte hierzu: “Ich bin so froh; niemals dachte ich, dass es so gehen würde; mehr froh noch wegen der Frauen im Allgemeinen als wegen mir selbst.”
Die gelebte Kombination aus Beruf und Familie stellte dabei eine, für damalige Verhältnisse, moderne Interpretation der Frauenrolle dar. Die Schweizerin selbst blieb weiterhin auch den konservativen Strukturen treu und konnte – neben ihrer Rolle als Ärztin – dem damaligen Idealbild als sich aufopfernde Frau und Mutter gerecht bleiben.
Marie Heim-Vögtlin – Heutige Würdigung
Neben der Anerkennung als erste Ärztin der Schweiz, würdigte die Post Heim-Vögtlin zu ihrem 100. Todestag 2016 mit einer Sonderbriefmarke und gab eine Briefmarke mit einem Portrait von ihr heraus. Zu sehen ist darauf die Pionierin, deren Blick versonnen und entschlossen zugleich erscheint. Mit der Briefmarke wurde somit eine mutige Frau geehrt.
Weiterhin wird der sogenannte Marie-Heim-Vögtlin Preis wird als Auszeichnung zur Förderung qualifizierter Nachwuchsforscherinnen vergeben. Der SNF (Schweizerischer Nationalfonds) würdigt mit diesem Preis (dotiert mit 25‘000 Schweizer Franken) jährlich eine hervorragende Nachwuchsforscherin, die sich als ein inspirierendes Vorbild präsentiert und deren Karriere hiermit vorangetrieben werden kann.
Passende Stellenangebote im Gesundheitswesen
Wer aktuell auf der Suche nach einer neuen Stelle im Gesundheitswesen ist, wird bei Medi-Karriere fündig. Hier gibt es Ärzte/-innen Jobs, Stellen als Pflegefachfrau / Pflegefachmann oder Stellenangebote in der Krankenpflege.
- Universität Zürich, Sonderbriefmarke für die erste Medizinerin der Schweiz, https://www.news.uzh.ch/... (Abrufdatum: 19.02.2023)
- Schweizerischer Nationalfonds, Marie Heim-Vögtlin-Preis, https://www.snf.ch/... (Abrufdatum: 19.02.2023)
- Aargauer Zeitung, Pionierin: Wie eine Pfarrerstochter aus Bözen zur ersten Schweizer Ärztin wurde, https://www.aargauerzeitung.ch/... (Abrufdatum: 19.02.2023)
- Regula Ludi: Marie Heim-Vögtlin, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 28.08.2006., https://hls-dhs-dss.ch/... (Abrufdatum: 19.02.2023)
- Journal21, Marie Heim-Vögtlin, https://www.journal21.ch/... (Abrufdatum: 19.02.2023)